Minas de Riotinto - Rio Tinto Company Limited (RTCL) und Nerva
Minas de Riotinto ist und war ein vom Bergbau abhängiges Dorf in Andalusien. Das ursprüngliche Dorf wurde durch Abriss vernichtet. Die Vernichtung des Dorfes war nach Ansicht der Bergbaugesellschaft Riotinto Company Limited (RTCL) notwendig, weil das Dorf dem Ausbau des Bergbaus im Wege stand. Die Abhängigkeit des Dorfes vom Bergbau führte zu sozialen Veränderungen und brachte Charakteristika hervor, die Minas de Riotinto von anderen Dörfern Spaniens wesentlich unterscheidet. Die Gliederung des Dorfes (Erbe der englischen Präsenz zwischen Ende des 19. und Mitte des 20. Jahrhunderts) hat einen deutlich kolonialen Charakter. Die Bevölkerung wurde in das, nach britischen Bauvorstellungen neu errichtete Dorf umgesiedelt, während sich die Elite des Unternehmens in dem exklusiven viktorianischen Viertel „Bella Vista“ niederließen. Die Lebensbedingungen für die Bevölkerung waren katastrophal.
Der Rio Tinto ist ein Fluss im Südwesten Spaniens, in der autonomen Region Andalusien. Er entspringt im Norden der Provinz Huelva, nahe dem Bergbauort Minas de Riotinto und mündet nach fast 100 Kilometern in der Nähe der Provinzhauptstadt Huelva, (zusammen mit dem Odiel), in den Atlantischen Ozean. Die Konzentration an Eisen und Kupfer ist so hoch, dass sie den Fluss rot färbt. Aufgrund von Schwefelsäure-Zuflüssen durch den Bergbau, ist das Flusswasser stark sauer, was dazu führt, dass nur acidophile Mikroorganismen in ihm leben können.
Unter 30%er Beteiligung der Brüder Rothschild kaufte 1873 ein britisches Konsortium die bis in das 18. Jahrhundert hinein kaum genutzten und mit Verlust arbeitenden staatlichen Rio-Tinto-Minen und gründeten die Riotinto Company Limited (RTCL). 1875 wurde die innerhalb von nur 2 Jahren gebaute
Eisenbahnverbindung in die Provinzhauptstadt eingeweiht. Die Bahn ermöglichte nun einen direkten Transport der gewonnenen Erze bis in den Atlantikhafen von Huelva, die damit auch die herausragende wirtschaftliche Stellung von Riotinto Company Limited (RTCL) begründete. Die neuen Eigner strukturierten das Unternehmen ohne Rücksicht um. Der Einsatz von in England bereits 1864 verbotenen Produktionsmethoden (hier vor allem die Freisetzung von Schwefeldioxid beim kalzinieren unter freiem Himmel) vergiftete die Luft: Die Einwohner wurden krank oder starben. Bei einer Protestkundgebung am 04.02.1888 ließen die Eigentümer der Minen über 100 Menschen von spanischen Soldaten erschießen. Seitdem wird das Jahr auch als „El año de los tiros“ (Das Jahr der Schüsse) bezeichnet. Die Straße „Calle del cuatro de Febrero“ in Minas de Riotinto erinnert an diesen Tag.
1954 gingen die Bergwerke wieder in staatliches spanisches Eigentum über. Die Bergwerke konnte aber nicht mehr an den wirtschaftlichen Erfolg vergangener Zeiten anknüpfen: Zu tiefgreifend waren die Krisen des Bergbaus in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts.
Die hier seit 1998 betriebene Giftmülldeponie in Nerva nutzt die riesigen in die Erde gegrabenen Löcher und füllt sie mit Giftmüll aus allen europäischen Ländern auf. Und wieder wird die Umwelt und werden die Menschen am Rio Tinto vergiftet. Zurzeit (2010) sind es etwa 80.000 Tonnen Giftmüll aus Italien. Proteste bewirken heute immer noch nichts. Immerhin: Die Menschen werden (zurzeit) nicht erschossen.